»Grün« oder »Orange« – Hauptsache Unimog

Artikel vom 2. Februar 2022
Kommunale Traktoren und Geräteträger groß

Er ist ein Klassiker der Branche – und das schon seit rund 75 Jahren: das »Universal-Motor-Gerät« von Mercedes-Benz, weltweit bekannt als Unimog. Doch die Popularität entbindet nicht von der Pflicht der Erneuerung. Im Werk in Wörth verlässt nun ein noch stärkerer Unimog die Fertigungsstraße. Bleibt die Frage: Wann kommt der E-Unimog?

Geeignet auch für die Straßenfahrt: Die Spitzengeschwindigkeit des Unimog liegt bei 89 km/h (Bild: Daimler Truck AG).

Geeignet auch für die Straßenfahrt: Die Spitzengeschwindigkeit des Unimog liegt bei 89 km/h (Bild: Daimler Truck AG).

Unüberschaubar ist die Auswahl an Gerätekombinationen für den Unimog. Ein ganzes Heer an spezialisierten Firmen konzipiert Anbauten und macht den Geräteträger zu dem Allrounder, der er in zahlreichen Kommunen seit langem ist. Doch bei einem Thema setzt Hersteller Mercedes-Benz auf interne Qualität: Der Motor stammt aus eigener Produktion.

Für den Betrieb besonders komplexer Anbaugeräte sind genügend Pferdestärken die Voraussetzung. Das ist auch ein Grund, weshalb die Gerüchte um einen elektrischen Unimog nur vereinzelt die Runde machen. Noch ist kaum vorstellbar, dass eines Tages Batterien die Power der Motoren-Baureihe OM abrufen. Zumal mit den beiden neuen Typen »U 435« und »U 535« die Leistungsfähigkeit noch einmal zugenommen hat.

Das Unimog-Gesamtprogramm bietet ein Leistungsspektrum von 190 bis 354 PS (Bild: Daimler Truck AG).

Das Unimog-Gesamtprogramm bietet ein Leistungsspektrum von 190 bis 354 PS (Bild: Daimler Truck AG).

Aber auf lange Sicht wird der E-Unimog Realität. Das zeigt die E-Offensive der Schwaben: Mit Aufnahme der Serienproduktion des »eActros« im Oktober 2021 begann die elektrische Zukunft bei Mercedes-Benz. Im Lkw-Werk in Wörth wurde eigens eine Montagelinie eingerichtet. Dafür musste massiv umgebaut und investiert werden, von aufwendigen Testphasen ganz zu schweigen. Und es geht weiter: Das Schwergewicht »Arocs« befindet sich in der heißen Elektro-Probephase, und mit dem »eEconic« wurde bereits das kommunale Lkw-Modell als vollelektrische Variante angekündigt. Der Akku ist also angekommen – nur noch nicht beim Unimog. Doch entsprechende Kapazitätserweiterungen vorausgesetzt – derzeit liegt der Höchstwert bei der Reichweite eines E-Lkw bei rund 400 km – dürfte demnächst auch der energiehungrige Unimog Teil der Elektroflotte werden.

Neben Kommunen setzen viele Dienstleister auf den Unimog. Auch für den Waldeinsatz stehen zahlreiche Anbaugeräte zur Verfügung (Bild: Daimler Truck AG).

Neben Kommunen setzen viele Dienstleister auf den Unimog. Auch für den Waldeinsatz stehen zahlreiche Anbaugeräte zur Verfügung (Bild: Daimler Truck AG).

Neue Typen: Lkw-Power für den Unimog

Vorerst bleibt die universale Allrad-Maschine beim Verbrennungsmotor. Und der hat es in sich, stammt er doch auch bei den neuen Unimog »U 435« und »U 535« aus der Lkw-Fertigung von Mercedes-Benz. Der kräftige 6-Zylinder ist also kein Unbekannter. Er wird bereits in den Lkw-Baureihen »Atego« und »Actros« verbaut und gilt in seiner Baureihe OM936 als mittelschwerer Nutzfahrzeugmotor. Er steigert die Leistung im Vergleich zum Vorgänger um satte 54 PS. Das Besondere beim 6-Zylinder- Reihenmotor mit 260 kW (354 PS) Leistung: Das Drehmoment von 1380 Nm steht bereits ab einer Motordrehzahl von 1800 U/min zur Verfügung. Im Vergleich zum alten Motor liegt das Drehmoment damit 180 Nm höher. Wie seit 2014 Standard bei Mercedes-Benz, erfüllt auch der neue Motor die Abgasnorm Euro VI. Doch um eine Lkw-Komponente, in diesem Fall einen kompletten Motor, eins zu eins in einen Unimog zu integrieren, wird einiges an Aufwand erforderlich. Deshalb wurde der komplette Antriebsstrang angepasst bzw. neu ausgerichtet – mit Erfolg. Das führt bei beiden Typen neben mehr Power auch zu einer geschmeidigeren Kupplung. Im »U 435« und »U 535« zeigen sich Schaltabstimmung und Kupplungsregelung deutlich verbessert, was zur Folge hat, dass die Schaltunterbrechung massiv reduziert wird. Die langfristigen Folgen sind ein geringerer Kraftstoffverbrauch und ein längerer Wechselintervall beim Motoröl, was wiederum die Nutzungsdauer deutlich erhöht – nicht nur zur Freude des örtlichen Bauhofleiters.

Angenehme Dämpfung und leichte Lenkung

Die hydropneumatische Federung ist eine weitere Innovation des neuen Unimog. Das volltragende Federungssystem basiert auf Gasspeichern anstelle der sonst üblichen Schraubenfedern. Dieses System ermöglicht ein konstantes Fahrniveau in allen unterschiedlichen Beladungszuständen. Auch unter Aufbauten mit hohem Schwerpunkt fährt und arbeitet der Unimog stabil. Besonders komfortabel: Das Federungssystem ist selbstüberwachend und selbstsichernd. Mit der neuen Komfortlenkung erreicht die Fahrqualität den nächsten Level. Die elektrohydraulische Lenkung unterstützt den Fahrer zusätzlich zur hydraulischen Servolenkung. Das reduziert die Lenkkräfte – besonders vorteilhaft bei Arbeiten mit schweren Frontanbaugeräten wie Mähkombinationen oder Frontladerarbeiten.

Das Beste aus zwei Welten

Bei beiden Innovationen handelt es sich keinesfalls um Weltneuheiten. Über die jüngsten Optimierungen können etwa Traktorfahrer nur müde lächeln, dort zählt derartiges längst zum Standard. Doch in der orangenen Welt der öffentlichen Flächen, Straßen und Plätze sieht das anders aus. Dort ist viel los auf engstem Raum. Bordsteinkanten werden vom Fahrer und seinem Fahrzeug anders wahrgenommen als die Ackerfurche vom Landwirt auf seinem Schlepper. Wo sich ihm ein weites Feld bietet, antizipiert der Winterdienstler auf seinem Unimog die nächste Straßenkreuzung – alle Instrumente stets im Blick. Steuern und Arbeiten fallen im Kommunalbereich wesentlich komplexer aus, was wiederum die Optionen bei Neuerungen verschiebt. Manche finden nie den Weg von »Grün« zu »Orange«, andere mit erheblicher Verzögerung, da Anpassungen nötig sind, wie bei den beiden jüngsten Modellen. Das ist typisch für die Entwicklung des Unimog: Die Ingenieure lassen sich nicht nur vom Lkw, sondern auch vom Traktor inspirieren. Für ein universales Fahrzeug eine Selbstverständlichkeit, die ihre Entsprechung in der Praxis findet. Längst überschneiden sich die Einsatzgebiete »Grün« und »Orange«.

In Kommunen kommt häufig der »U 219« zum Einsatz. Das Einstiegsmodell kostet rund 100.000 Euro (Bild: Mercedes Truck AG).

In Kommunen kommt häufig der »U 219« zum Einsatz. Das Einstiegsmodell kostet rund 100.000 Euro (Bild: Mercedes Truck AG).

Breit aufgestellter Verbrenner-Profi

Das Unimog-Programm der Geräteträger umfasst 2022 die Einstiegsmodelle Unimog »U 219« und »U 319« sowie die Modelle »U 323« und »U 423« – alle mit Vierzylindermotoren mit Leistungen zwischen 140 kW (190 PS) und 170 kW (231 PS). Die Unimog »U 427« und »U 527« sowie »U 430« und »U 530« haben Sechszylindermotoren und verfügen über 200 kW (272 PS) bzw. 220 kW (299 PS). Brandneu sind wie erwähnt die stärksten Modelle »U 435« und »U 535«. Deren Sechszylindermotor erreicht 260 kW (354 PS).

Der »Vario Pilot« ermöglicht den bequemen Sitzplatzwechsel von links nach rechts – und wieder zurück (Bild: Daimler Truck AG).

Der »Vario Pilot« ermöglicht den bequemen Sitzplatzwechsel von links nach rechts – und wieder zurück (Bild: Daimler Truck AG).

Kostspieliger Klassiker: Der Unimog »U 219«

Er wird besser, aber nicht günstiger – der Unimog bleibt ein Premium-Produkt. Rechnet man die Kosten für (zukünftige) Entwicklungen und den Ausbau der E-Flotte hoch, dürften kaum Spielräume für Reduzierungen entstehen. Das »Universal-Motor-Gerät« bleibt auch als kleines Einstiegsmodell eine Herausforderung für die Haushaltslage der Kommunen. Beim »U 219« etwa liegt der Kaufpreis in der Grundausstattung bei rund 100.000 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer. Das Besondere beim kompakten »U 219«: Er nimmt seit seiner Einführung die Nachfolge der heute noch verbreiteten Unimog »U 1200«, »U 1400« und »U 1600« aus der Zeit zwischen 1988 und 2002 ein.

Das ist typisch für die Einsatzdauer des Unimog: Von den 16.401 produzierten Fahrzeugen dieser Baureihe 427 sind allein in Deutschland noch rund zwei Drittel zugelassen. Eine Investition, die sich bezahlt macht.

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