Heißer Dampf und große Ziele

Artikel vom 9. Oktober 2025
Fahrzeugtechnik

Viel Potenzial vorhanden, weitere Erprobung unverzichtbar: Der Unimog mit Wasserstoffantrieb bleibt eine spannende Sache. Nach Abschluss des Forschungsprojekts »WaVe« bietet sich die erstmals dauerhaft erprobte Antriebsvariante als Option für die Zukunft an. Ergänzend zu batterieelektrischen Antrieben und wasserstoffbetriebenen Brennstoffzellen könnte der Geräteträgerklassiker mit Gasverbrenner auch in Serie seine Stärken ausspielen.

Wasserstoffduo: die Raupe von Mörtlbauer und der Geräteträger von Mercedes Benz (Bild: Daimler Truck AG).

Nach drei Jahren endete das Projekt »WaVe« im Juli 2024. Das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderte Vorhaben wurde von 18 Partnern aus Industrie und Wissenschaft gemeinschaftlich umgesetzt. Von Anfang an mit dabei war einer der erfolgreichsten Geräteträger überhaupt, der Unimog. Und sein Hersteller, die Daimler Truck AG, ließ keinen Zweifel daran, dass es bei »WaVe« um nichts Geringeres ging als um die Zukunftsfähigkeit des eigenen Fuhrparks: Wenn auch beim Unimog der Diesel-Verbrenner wegfallen soll, aus welcher Antriebstechnologie bezieht er dann seine reichlich benötigte Energie?

Mega-Projekt für eine grüne Zukunft

Eine Frage, die nun zumindest mit Blick auf die Ressource Wasserstoff beantwortet wurde. Entsprechend positiv fällt das Resümee von Franziska Cusumano, Head of Mercedes-Benz Special Trucks, aus: »Nach zahlreichen Testeinsätzen, Abgasmessungen und technischen Feinjustierungen sind wir überzeugt, dass die Wasserstoffverbrennung für Arbeitsmaschinen mit hohem Leistungsbedarf zum Fahren und für den Antrieb der Nebenantriebe sinnvoll, praktikabel und sehr emissionsarm ist.«

Der Unimog ist bekannt für seine Straßentauglichkeit. Das soll auch bei zukünftigen Antriebsvarianten so sein. Deshalb war das Versuchsfahrzeug in den letzten Jahren immer wieder auf einem stillgelegten Autobahnabschnitt zwischen Bayreuth und Bamberg unterwegs. Ideale Bedingungen für einen Allrounder wie den »U 430«: Ob das Mähen des Grünstreifens, Beschleunigungsfahrten oder das Tanken an einer öffentlichen Zapfsäule, die Ingenieure konnten unzählige Messdaten erheben.

Testen auf der Autobahn

Der Faktor Zeit tat sein Übriges. Die Erprobung auch bei niedrigen Temperaturen und die abwechslungsreiche Topografie der Versuchsstrecke waren unersetzbar. Eine wichtige Rolle spielten dabei auch die Mitarbeiter der Autobahn GmbH in Oberfranken. Deren Feedback sorgte für eine realistische Einschätzung der gewonnenen Daten und ließ es an praktischen Hinweisen nicht mangeln.

Schließlich kam es zum Projektfinale noch zu einem besonderen Aufeinandertreffen. Die beiden »WaVe«-Teilnehmer Mercedes-Benz Special Trucks und die Mörtlbauer Baumaschinen Vertriebs GmbH präsentierten ihre beiden Prototypen gemeinsam der Öffentlichkeit. Auf dem Werksgelände von Mörtlbauer im bayerischen Fürstenzell demonstrierten der Unimog Versuchsträger und die Muldenkipper-Raupe ihre Funktionsfähigkeit.

Mit der Raupe am Haken

Bei solchen Fahrzeugen, die für arbeitsintensive Einsätze gedacht sind, ist die Herausforderung, dass während der Fahrt über einen Nebenabtrieb auch das jeweilige Gerät betrieben werden kann, etwa ein Seitenmähwerk. Dazu braucht es zwingend eine hohe Dauerleistung. Im Rahmen des »WaVe«-Projekts konnte anhand der beiden Fahrzeug-Prototypen gezeigt werden, dass insbesondere für solche Anwendungen der Wasserstoffverbrennungsmotor geeignet ist. Abstriche an dieser Stelle hätten den Einsatzzweck der Fahrzeuge komplett infrage gestellt – ohne konstante Topleistung auch im Nebenabtrieb gäbe ein Geräteträger wie der Unimog einfach keinen Sinn. Das Projekt hat das Gegenteil bewiesen: Das Antriebskonzept der Wasserstoffverbrennung ermöglicht ein schadstoffarmes Fahren und Arbeiten bei gleichzeitig konstant hoher Motorleistung – damit ist die Grundlage für eine mögliche spätere Serienfertigung gelegt.

Wie funktioniert der Wasserstoffverbrenner?

Als Versuchsfahrzeug diente ein umgerüsteter Unimog Geräteträger »U 430«. Für den Antrieb durch die Wasserstofftechnologie wurde ein Gasmotor mit Tank-, Sicherheits- und Überwachungssystemen und Messtechnik eingebaut. Das Verbrenner-Prinzip bleibt also gleich, statt Diesel benötigt der Motor jedoch Wasserstoff: Im Innern des Motors entsteht durch das Verbrennen des Wasserstoffs Wasser, das als heißer Wasserdampf über den Auspuff entlassen wird.

Die vier TÜV-geprüften 700-Bar-Hochdrucktanks fassen insgesamt etwa 14 Kilogramm gasförmigen Wasserstoff. Sie sind zu zwei Doppeltanks zusammengefasst, die mit jeweils einem Tanksteuergerät unabhängig voneinander betrieben werden. Unverzichtbares Detail: Der Radstand und die Pritschenlänge sind so bemessen, dass die Wasserstofftankbehälter hinter der Fahrerkabine ihren Platz finden. Der Motor leistet etwa 290 PS/1000 Nm und ist dabei deutlich leiser als die Dieselvariante. Eine Betankung fand während der Testphase an öffentlichen Tankstellen mit gasförmigem Wasserstoff statt.

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